Das Rebhuhn – Biologie und Gefährdung
Als ursprüngliche Bewohner der eurasischen Steppen haben es Rebhühner (Abbildung 1) vor vielen Jahrhunderten geschafft, unsere Kulturlandschaft zu besiedeln. Das ganze Jahr über halten sie sich in den Feldern und Wiesen derselben Gegend auf, ohne über den Winter nach Süden abzuwandern wie viele andere Vögel. Daher entscheidet die Art und Weise der Landwirtschaft vor unserer eigenen Haustür, ob Rebhühner geeignete Lebensbedingungen vorfinden oder nicht. Dazu zählen Versteckmöglichkeiten, sichere Standorte für ihre Bodennester mit bis zu 24 Eiern (was dem Weltrekord im Vogelreich entspricht!) sowie ein vielfältiges Nahrungsangebot in Form von pflanzlichen Bestandteilen oder Wirbellosen. Vor allem die Küken sind in ihren ersten Lebenswochen strikt auf tierische Kost angewiesen.
Die katastrophalen Bestandseinbrüche der europäischen Rebhuhn-Bestände um mehr als 90 % in den letzten vierzig Jahren demonstrieren auf drastische Weise, dass diese Lebensraumansprüche nicht mehr erfüllt sind. Die Agrarpolitik der EU, gekoppelt an das immer größer werdende Verlangen der Verbraucher nach Dumpingpreisen bei Lebensmitteln, auf das die großen Einkaufsketten reagierten, führte zu einer Intensivierung der Landwirtschaft. Diese wiederum entzog Rebhühnern und zahlreichen anderen Tier- bzw. Pflanzenarten der Feldflur die Lebensgrundlage. Pestizide reduzieren die verfügbare Nahrungsmenge an Kräutern und Insekten, sodass viele Rebhuhn-Küken schlicht verhungern. Durch die Ausdehnung von Monokulturen, immer größere Feldschläge und den Verlust von extensiven Grenzstrukturen wie Feldsäume oder Niederhecken fehlen sowohl Versteck- als auch Brutmöglichkeiten. Außerdem erhöht sich in einer strukturarmen Landschaft das Risiko, dass Rebhühner und ihre Fressfeinde, so genannte Prädatoren, aufeinandertreffen: Gibt es nur noch wenige geeignete Standorte zum Leben, an denen sich die verbliebenen Rebhühner aufhalten können, müssen Prädatoren nicht mehr lange nach ihnen suchen. Hinzu kommt, dass die Bestände des Fuchses, einer der wichtigsten Fressfeinde, in vielen Regionen durch die Tollwutimmunisierung angestiegen sind.
Der dramatische Rückgang des Rebhuhns ist gleichzeitig auch als eine Warnung an uns über den Zustand der Agrarlandschaft zu verstehen: Finden Rebhühner keine Lebensgrundlage mehr, gilt dies auch für eine Vielzahl anderer Tier- und Pflanzenarten, die sich denselben Lebensraum mit Rebhühnern teilen. Im Umkehrschluss sprechen hohe Rebhuhn- Bestände für einen nachhaltigen Umgang mit unserer Kulturlandschaft.
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© M. Schäf/living-nature.eu
Abbildung 1 Region
Hessisches Ried