Der Feldhamster: Wildtier des Jahres 2016
Der Feldhamster (Cricetus cricetus) gehört seit Jahrtausenden zu den Tieren unserer heimischen Feldflur. Der meerschweinchengroße Nager verbringt als Winterschläfer rund sechs Monate in seinem frostfreien und geschützten Bau tief unter der Erde. Ist der Winterschlaf zwischen März und April beendet, öffnet der Feldhamster seinen Bau und die aktive Saison beginnt. Von April bis September verpaaren sich die einzelgängerischen Tiere bis zu dreimal. Nach einer Tragzeit von 17 Tagen bringen Feldhamsterweibchen 1 bis 12 nackte und blinde Junge zur Welt, die mit ca. fünf Wochen als kleine, selbständige Junghamster den Mutterbau verlassen. Mit der Getreidereife im Sommer, beginnt das berühmt berüchtigten „Hamstern“, das Sammeln von Vorräten für den langen Winter.
In Notzeiten wurde ihm diese Angewohnheit zum Verhängnis. In der Nachkriegszeit begann man den Nager als Ernteschädling, aber auch als nützlichen Pelzlieferanten bis in die 70er Jahre hinein professionell zu verfolgen. Neben der dauerhaften Dezimierung führten stetiger Lebensraumverlust und moderne landwirtschaftliche Praktiken zu massiven Rückgängen, die bis heute anhalten bzw. in den letzten 20 Jahren sogar zugenommen haben. Vor allem die Bewirtschaftung riesiger Monokulturen, frühe großflächige Ernten und fehlende Zusatzstrukturen setzen den kleinen Nager unter Druck. In seiner kurzen aktiven Zeit von April bis September, muss der vorwiegend dämmerungsaktive Feldhamster einen Partner finden und, um die Population dauerhaft zu erhalten, mindestens 2 Würfe Jungtiere großziehen. Auch für die Nahrungssuche und die Anlage eines Wintervorrates benötigt der Winterschläfer im Spätsommer deckungsreiche Kulturen um nicht von Feinden entdeckt und gefressen zu werden, geeignete Nahrung und Zeit. Bedingungen, die sich in unserer intensiv genutzten Agrarlandschaft nicht mehr erfüllen und dem Tier des Jahres 2016 in einen Platz der Roten Listen unter der Kategorie „vom Aussterben bedroht“ eingebracht haben.
Trotz des internationalen Schutzes durch die europäische FFH-Richtline (Anhang IV) verschlechtern sich die Bestände europaweit fortwährend. An der westlichen Verbreitungsgrenze zu den Niederlanden, Belgien und Frankreich kann der Feldhamster nur durch Wiederansiedlung erhalten werden und auch in den immer sicher geglaubten, „ursprünglichen“ Gebieten Osteuropas (Polen, Ukraine, Tschechien, Rumänien und Russland) brechen die Vorkommen ein. In Deutschland reduzierten sich die Bestände allein in den Jahren von 2007 – 2013, zwischen den offiziellen Berichtspflichten für FFH- Arten, um 38% und wurden mit der schlechtesten Kategorie U2, „ungünstig-schlecht“, bewertet.
Innerhalb seiner historischen Verbreitung ist der Feldhamster bereits aus Brandenburg verschwunden und in Nordrhein-Westfahlen steht die letzte Population vor dem Aus. In Rheinland-Pfalz wird das Aussterben des Feldhamsters in den nächsten 12 Jahren erwartet, sollten keine ernstgemeinten Schutzanstrengungen unternommen werden. In fast allen Bundesländern mit Feldhamsterverbreitung gibt es deshalb inzwischen Artenhilfskonzepte für die gefährdete Art, welche Schutzmaßnahmen zur Lebensraumverbesserung, vor allem im Zeitraum nach der Ernte bis zum Winterschlaf, beitragen sollen. Diese Maßnahmen können jedoch nur hilfreich und e ektiv für den Feldhamster eingesetzt werden, wenn sie den Feldhamster auch erreichen. Der Kenntnisstand zur konkreten Verbreitung weist derzeit jedoch große Lücken auf, welche die Arbeitsgemeinschaft Feldhamsterschutz der HGON e.V. in Hessen und Niedersachsen zu füllen versucht.
Mit Unterstützung der Stiftung Unsere Erde konnten drei GPS Geräte angeschafft werden, die bei der Suche der letzten Vorkommen zur genauen Bestimmung der Fundorte eingesetzt werden und so eine bessere Planung des Schutzes ermöglichen.
Text: Melanie Albert, AG: Feldhamster Foto: Manfred Sattler